Über den Autor

 

Conor McPherson, geboren 1971 in Dublin, studierte Philosophie und begann schon als Student, Theaterstücke zu schreiben und Regie zu führen. Seit Jahren gehört er zu den hoffnungsvollsten Talenten der englischsprachigen Dramatik. Für seine Stücke erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den Olivier Award.

 

„Das Wehr“ /The Weir) brachte McPherson den Durchbruch und wurde auch am Broadway erfolgreich aufgeführt. „Salzwasser“ – dessen Drehbuchautor und Regisseur er war – wurde auf den Berliner Festspielen als bester Film preisgekrönt.

 

McPhersons Figuren sind Menschen, die mit Hilfe phantastischer Geschichten den Katastrophen ihres Lebens zu entrinnen suchen. Ob es ihnen gelingt, oder ob sie scheitern – immer stellt sich die Frage, was wirklicher ist: ihr Leben oder ihre Phantasie.

 

                                           

 

St. Nicholas - Rezensionen der Deutschen Erstaufführung

 

KÖLNER STADTANZEIGER (27./28. 11. 1999)

 

Ein verkrachter Theaterkritiker ist der miese Held, ein Verriß-Schreiber ohne Interesse an dem, was wirklich auf der Bühne passiert. Jetzt legt er so etwas wie eine Generalbeichte ab, zynisch, ein bißchen ordinär, mit gebremstem Selbstmitleid. Was Martin Reinke daraus macht, ist ein kleines Lebensdrama: Theater vom Menschen, wie er sich aufspielt, durchboxt und – schlägt, wie er lacht, leidet und lügt. Reinke verleibt sich die Figur vollends ein, stattet sie mit einer enormen Fülle von rauen, schrägen oder geradezu kläglich pseudo-überlegen herausgequetschten Tönen aus. Er lebt und bebt in der Rolle wie der Tiger im Käfig. So eklig der Erzähler noch im Bericht von seinen Niederlagen ist, so eiskalt weckt ihm doch der Schauspieler Sympathie durch Intensität.

 

 

THEATER RUNDSCHAU (Januar 2000)

Wer stellt sich die Fragen zu gegebener Zeit nicht: was hast du in deinem Leben versäumt, was würdest du anders machen, wenn du dein Leben neu gestalten könntest? Bei McPherson stellt sich solche Fragen ein Theaterkritiker, wie schön. In seinem trübsinnigen Resümee ist er allerdings nur ein Mensch wie du und ich. Andererseits ist Martin Reinke kein Schauspieler wie du und ich, sondern ein besonderer, virtuoser, dem es wahrscheinlich Spaß macht, die Traurigkeit des angesprochenen Berufszweigs zu entblößen. ....

 

 

THEATER PUR (Januar 2000)

Ein Mann, trotz Anzug und Krawatte ein wenig heruntergekommen, dem Alkohol ganz offensichtlich nicht ganz abgeneigt, plaudert geschwätzig von Beruf, Familie und seinen Ängsten. Der Mann ist Theaterkritiker. Machtbesessen und eifersüchtig zugleich. Und verlogen. Also kein Vorzeige-Exemplar der Zunft. Einer von  jener Art, denen das Gerücht nachsagt, sie wären lieber selber Künstler geworden, nur hätte es dazu nicht gereicht. Sein persönliches Debakel beginnt, als seine Wahrnehmung professionelle Distanz verliert und er in obsessiver, unerwiderter Leidenschaft zu Helen, einer Schauspielerin entflammt. Der Zusammenbruch läßt nicht lange auf sich warten. ... Martin Reinke als Rezensent blättert diese Figur virtuos auf, reichert sie mit vielen Details an und läßt vergessen, daß es sich um eine Theaterfigur handelt.

 

 

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG (November 1999)

 

Ein Starkritiker, ein namenloser Icherzähler kreuzt nach einer Premiere von Oscar Wildes „Salome“ im Dubliner Abbey Theatre, die Rezension – ziemlich durchwachsen“ – hat er schon vom Auto aus durchgegeben, auf der Premierenfeier auf und macht dem verdutzten Regisseur weis, daß dessen Inszenierung „eine der besten Sachen“ sei, „die ich in den letzten Jahren gesehen habe“. Die Stimmung steigt daraufhin gewaltig, Euphorie macht sich breit.

 

Das Erwachen am nächsten Morgen muß böse gewesen sein, doch das hindert den Kritiker nicht, dem Ensemble und zumal der Hauptdarstellerin Helen nach London nachzusteigen, um noch eins draufzusetzen. Der Herausgeber, „er war schon immer ein eingebildeter Arsch“, habe, so flunkert er dreist, seine Besprechung geändert und er ihm daraufhin den Bettel hingeworfen. Was für eine Theateranekdote! Nur Helen kann er damit nicht beeindrucken. Statt mit ihr macht er mit Vampiren nähere Bekanntschaft.

 

Eine krause Geschichte ist das, aber gut, mit viel Witz und Verve erzählt. Denn McPherson legt die dem abgehalfterten Journalisten, einem Fettsack und Feigling, dessen Beziehung zu seiner Frau und seinen Kindern verstummt ist, mit soviel schonungsloser Offenheit und selbstironischer Reflexion in den Mund, daß eine „deformation professionelle“ vorgeführt wird: Anatomie Criticus – eine Satire. ...

 

Und Martin Reinke kostet die Rolle in vollen Zügen aus. Das verschlampte Genie, das er vorstellt, ist ausgebufft und ausgebrannt, doch bewahrt er ihm einen Funken Begeisterungsfähigkeit.